Titelbild von Lean Startup Buchbesprechung

Lean Startup

In dieser Buchbesprechung behandeln wir das Buch Lean Startup: Schnell, risikolos und erfolgreich Unternehmen gründen geschrieben von Eric Ries. Der Weg ein Unternehmen zum Erfolg zu führen ist lang und steinig. Die meisten Firmen gehen dabei pleite oder haben nur begrenzte Ressourcen. An dieser Stelle setzt Eric Ries mit seiner Lean Startup genannten Methode an. Im Vordergrund steht Mobilität, Erfolg, Geschwindigkeit und Offenheit gegenüber Veränderungen. Das Buch hatte seine Erstveröffentlichung 2011 bei der Crown Publishing Group, die eine Tochtergesellschaft der Penguin Random House ist. Für diese Buchbesprechung habe ich die deutsche Audible-Version vom Redline Verlag angehört.

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Buchinhalt Lean Startup

Ries beschreibt, wie er nach seinem Studium bei There.com anfing als Software Ingenieur zu arbeiten. Nach dem Scheitern der Firma entwickelte er mit anderen Gründern das Konzept zu seiner Firma IMVU und brachte diese als Start up an den Markt. Dabei erzählt er schonungslos von Fehlschlägen, Fehleinschätzungen und den Problemen des alltäglichen Geschäfts. Einerseits wurde zu lange am Produkt entwickelt, während gleichzeitig das Geld weniger wurde, andererseits war man vom eigenen Produkt zu sehr überzeugt und letztendlich schätzte man die Kunden und Kundenbedürfnisse völlig falsch ein.

Dem entgegen steht seine entwickelte Methode, die er selbst Lean Startup nennt. Hier wird vor allem auf kleine Teams, die eigenverantwortlich möglichst schnell Prototypen und Produkttests aufsetzen und auf ihren Nutzen hin überprüfen. Mit dieser Feedbackschleife vom aufstellen einer These, deren Überprüfung mit möglichst geringen Mitteln bis hin zum offenen Umgang mit dem Ergebnis, bricht Ries mit der klassischen Variante der Produktentwicklung. Hier gilt es ein bis ins Detail geplantes und aus-entwickeltes Produkt am Markt zu platzieren und dann möglichst zu hoffen, dass es die Zielgruppe akzeptiert. Durch den Begriff Lean, entnommen aus Lean Production, wird im Startup alles auf schlank getrimmt. Ständig werden die eigenen Ziele der Überprüfung unterzogen und man unterwirft sich den ermittelten Fakten / Zahlen. Dabei kennt man selbst noch nicht das Endergebnis, aber man versucht den Weg zu einem Produkt zu finden, welches später am Markt angenommen wird. Neben der Entwicklung der eigenen Firma IMVU, beschreibt Ries immer wieder Situationen und Begebenheiten anderer Firmen aus dem Silicon Valley und der digitalen Welt.

Buchbesprechung & Kritik Lean Start up

Liest man das Buch, dann kommt man unwillkürlich zu dem Punkt, an dem man Eric Ries zustimmt. Wer hat denn schon die große Glaskugel, dass er ein völlig neues Produkt erfindet und auf den Markt bringt auf das die Welt schon lange gewartet hat, aber bisher noch nichts davon wusste? Und wer hat hat schon das Kapital um eine solche Erfindung zur Marktreife zu bringen? Der völlig logische Schluss ist natürlich, dass aus dem eingesetzten Kapital möglichst viel Output generieren möchte. Ein gelungenes Beispiel im Buch ist die Einordnung des noch vorhandenen Kapitals in Prototypen-Runden. Um es genauer zu erklären: normalerweise sucht sich ein Startup Geldgeber die sagen wir mal eine Millionen auf den Tisch legen und wenn alles gut läuft, kommt am Ende ein Produkt raus, von dem man zumindest absehen kann, dass es in Zukunft mal ganz viel Geld verdient. Verbraucht das Startup jetzt pro Monat 100.000.- € für Miete, Geräte & Personal, reicht das Geld für 10 Monate und danach geht der Daumen hoch oder runter. Schlimmstenfalls wird in dieser Zeit ein einziges Produkt entwickelt, was dann schlichtweg keiner haben will. Ries setzt genau an dieser Stelle an und teilt das Geld in Prototypen-Runden ein. Jedes Problem wird in kleinste Teile runter gebrochen und dann einem Test unterzogen. Mit diesen Tests und Prototypen wird eine unglaubliche Geschwindigkeit erreicht und wenn es besonders gut läuft, lässt sich schon nach dem ersten Versuch erkennen, dass der Kunde das gar nicht will und braucht. Wenn so eine Runde mit Auswertung eine Woche benötigt, dann hat das Start up immer noch neun Monate und drei Wochen Zeit das Produkt anzupassen und neue Zielsetzungen zu erreichen.

Die Beispiele und Situationen werden sehr eingängig beschrieben, können aber im D-A-CH-Bereich leider nur sehr schwer umgesetzt werden. Alleine die Teambildung im Startup ist eine Herausforderung. Die Leute, welche die Arbeit von einer oder zwei Arbeitswochen gerne in die Tonne treten und dann trotz lauter Rückschläge wieder voller Elan in den nächsten Test starten, dürften eher rar gesät sein. Ries geht davon aus, dass man die Frustrationstoleranz eines Unternehmers so einfach auf alle Angestellten umlegen kann und dies ist erfahrungsgemäß weniger gegeben. Vielleicht mag dies in einer äußert innovativen Umgebung wie dem Silicon Valley funktionieren und man findet genug Leute, die für die Sache brennen, aber hier sieht die Sache etwas anders aus. Zwar brennen hier auch viele für ihre Ideen, aber sie verbrennen sich halt auch gerne dafür, wollen aber keinen Deut von ihrem Vorhaben abrücken.

Den Inhalt nur negativ zu betrachten würde dem Buch aber nicht gerecht werden. Es gibt viele lehrreiche Geschichten und Kapitel, die einem zumindest gute Ansätze fürs eigene Handeln geben. Beeindruckend fand ich beispielsweise die 5-Warum-Analyse. Kurz gesagt, immer wenn irgendwo etwas nicht funktioniert oder ein Fehler auftritt, stellt man fünf mal die Frage warum. Warum ist der Fehler aufgetreten, warum ist das aufgetreten, was dazu führte dass es den Fehler gab und so weiter. Die Analyse läuft soweit, dass man vielleicht schon mit ganz geringem Einsatz den Grund soweit mindern oder ausmerzen kann, dass ein gleichartiges Problem gar nicht mehr auftaucht. Also wenn das Kind mit aufgeschürften Ellenbogen heimkommt, dann fragt man warum. Klar, weil es hingefallen ist und warum ist es hingefallen? Ja, weil der Kleine vom Kevin gegenüber geschubst wurde. Und warum hat der Kevin geschubst, weil der Nachwuchs den Kevin gehänselt hat. Und warum hat er den Kevin gehänselt, weil er vor seinen angeblichen Freunden angeben wollte. Man hätte in der Situation natürlich auch einfach ein Pflaster aufkleben können, aber dann hätte es halt weiter Dresche vom Kevin gegeben, aber jetzt kann man die Situation beheben und bald ist der Nachwuchs mit den Nachbarsjungen wieder dick befreundet. Soweit die 5-Warum-Analyse auch eingängig ist, fand ich persönlich die Erzählungen über den tatsächlichen Einsatz in Unternehmen und vor allem, wann man sie nicht zum Einsatz bringen sollte, mit am interessantesten. Da wird dann viel von Befindlichkeiten, Schuldzuweisungen und schlechter Stimmung erzählt und wie hart es ist, dass man das Team überhaupt dazu bringt, sich auch so eine Warum-Fragerunde einzulassen.

Als Unternehmer hört, liest und sieht man oft nur die Erfolgsgeschichten, welche einem aber selbst in problematischen Situationen keineswegs weiterhelfen. In diesem Bereich zeigt Lean Startup seine Stärken als Buch, denn nicht nur werden schwierige Positionen angesprochen, sondern auch Schritt für Schritt erklärt. Was lief alles schief, wie ist man das Problem angegangen und welcher Lösungsansatz wurde verfolgt. Da lernt bei der Lektüre natürlich mehr, wie wenn man hier-noch-ne-Mio und da-noch-ne-Mio Geschichten hört.

Lean Startup Fazit

Wer unternehmerisch tätig ist oder es sein möchte, der sollte das Buch durchaus lesen. Es schlägt einen schönen Bogen über die verschiedenen Generationen der Innovationskultur und aktuell vielleicht sogar noch den Graben zwischen der neuen und alten Welt. Trotzdem würde ich mich nicht nur auf Lean Startup verlassen wollen, da es nur einen ersten Blick auf die Thematik von schlanken Gründungen wirft. Besonders hilfreich könnte es für Angestellte sein, die bisher in einem größeren Konzern mit einer klassischen Produktentwicklung konfrontiert waren und jetzt am liebsten selbst gründen möchten.

Ich selbst habe eine etwas gespaltene Meinung zum Buch. Einerseits konnte ich durchaus etwas lernen und werde sicherlich über den einen oder anderen Punkt noch weiter nachdenken. Andererseits kenne ich die Gründungsprozesse in der BRD zu gut um mich damit intensiver beschäftigen zu wollen. Hier kommen zunächst so hohe bürokratische Hindernisse auf jeden Gründer zu, dass er sich kaum mit einer schlanken Produktentwicklung auseinandersetzen mag. Da gibt es Gründungskosten, Gesellschaftsverträge, Handelsregistereinträge, Zwangsmitgliedschaften und ganz viel Papierkram, die man schon fast mit einem Mindest-Stab von Notar, Anwalt und Steuerberater abarbeiten muss. Bis zur rechtskräftigen Eintragung dauert es seine Zeit und so wird es letztendlich sehr schwer mit einer schlanken Gründung. Aus diesem Grund fände ich es besser, wenn man sich zunächst einmal mit grundsätzlicher Literatur zum Thema Unternehmensgründung beschäftigt.


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