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Spülgewohnheiten – wie Geschirr gespült wird

In allen sozialen Räumen wird gespült. In der Familie, auf der Arbeit, aber nirgendwo so extrem, wie in einer Wohngemeinschaft. Hier prallen teilweise vollkommen verschiedene Sichtweisen mittles Spülgewohnheiten aufeinander. Die meisten Menschen haben Spülen in der Familie gelernt und werden bis zum Ende aller Tage daran festhalten. Großteils auch deswegen, weil sie es nicht professionell oder öffentlich machen müssen.

Spülgewohnheiten

Eine Klasse für sich,  sind die verwöhnten Gören, die nie einen Finger krumm machen mussten, bzw. denen auch noch ein altes Rollenmodel vorgelebt wurde, bei dem Männer nur in der Produktion mit dreckigem Geschirr in Berührung kommen. Danach verschwindet es in einer Art Blackbox und taucht frühstens im sauberen Zustand im Küchenschrank wieder auf; idealerweise erst wieder am Esstisch mit einer frisch gestrichenen Stulle, bei der zuvor die Brotrinde abgeschnitten wurde.
Einige Exemplare werden zwar noch während ihres Wehrdienstes zurück auf den rechten Pfad geführt, aber für das Grand der Zivildienstleistenden sieht die Zukunft düster aus. Aus diesen und ähnlichen Gründen, hat sich eine regelrechte Spülkultur entwickelt, die man schon fast wissenschaftlich kategorisieren kann.

Zu den einzelnen Spülkonsorten und Arten. Da wäre der Vollöko, dem jeder verschwendete Tropfen Wasser zu viel wäre. Am liebsten würde er eine Sandkiste, ähnlich einem Katzenklo, aufstellen und darin jeden Abend sein Geschirr freikratzen. Im Alltag begegnen sie einem sehr häufig und sind leicht an ihrer Spülgewohnheit zu erkennen. Sie verwenden eine zusätzliche Schüssel oder einen Eimer für den eigentlichen Spülvorgang. Dadurch wird etwas weniger Wasser verbraucht, allerdings macht es das Spülen zu einem äußerst engem und ungemütlichem Vorgang. Anschließend können sie das Spülwasser noch zum Gießen ihrer Wohnungspflanzen verwenden. Die in solchen Wohnungen zu sehenden Pflanzen, erreichen meist eine enorme Größe, die der Ökospüler auf seinen angeblichen grünen Daumen zurückführt und keineswegs auf die hemmungslose Überdüngung durch Spülwasser.

Eine leichte Abwandlung dazu ist der Student in seiner Wohngemeinschaft. Dieser arbeitet im Gegensatz zum Ökospüler wirklich umweltfreundlich. Der Grund hierfür ist sehr simpel, denn er verbraucht Wasser überhaupt nur turnusmäßig beim Spülen . Teilweise verbraucht er nicht einmal Geschirr, denn kalte Ravioli schmecken eh am besten direkt aus der Dose. Als weitere Nebeneffekt wurden rund um die Sammelstelle fürs Geschirr in den letzten Jahren diverse Expeditionen von Forschungsinstituten unternommen. Es stellte sich heraus, dass man dort ebenso gut neue Lebensformen entdecken kann wie im Dschungel des Kongobeckens. Meist läuft das Spülen des Erstsemesterstudenten so ab, dass entweder gleich das ganze Geschirr landet und neu bei IKEA gekauft wird, oder es eine Endschlacht in einem Computergame ähnelt. Zumeist ist diese Art von Studenten aus diversen Zivildienstleistenden-Wohnungen hervorgegangen.

Im krassen Gegensatz dazu steht der Spüler, der gedient hat. Er weiß wie man mit Geschirr, dem Feind und Vaterland umzugehen hat. Da wird das Geschirr geschrubbt und geputzt und selbst das Spülwasser würde bei jeder Greenpeacekontrolle als reinste Gebirgsquelle durchgehen. Leider hat das Geschirr hier nur eine sehr begrenzte Lebensdauer, da der Soldatenspüler eine enorme Freude am Schrubben mit Stahlwolle besitz. So eine Eisenpfanne hält diesem Ansturm nicht ewig stand und ist recht bald durchgescheuert. Sollte das Geschirr die Prozedur überlebt haben, so kann man sich sicher sein, dass man sich darin spiegeln kann. Ebenso im Waschbecken, welches liebevoll mit 2 frischen Tüchern gesäubert und abgetrocknet wurde und natürlich gilt dies auch für den Spüllappen. DER WASSERFLECK IST DER FEIND DES VATERLANDS!!!!

Nicht ganz so krass unterwegs ist der Typ, der sehr, sehr lange Schutz bei seiner Mutter suchte. Er weiß, warum es in diesen Küchen ein zweites Spülbecken gibt. Er weiß, wie man Geschirr wirklich sauber bekommt und auch die letzten Essensreste vernichtet. Je nach Typus der Mutter, kann man hier zwei Unterarten erkennen: Zunächst hätten wir da den Klarspüler, der in einer Kleinfamilie gelernt hat, dass ein Bier mit einer Schaumkrone etwas tolles ist und ohne nur eine Pfütze Pferdepisse. Es handelt sich also um den Typus des Nach- bzw. Klarspülers. Die zweite Unterart ist die Brut von allein erziehenden Müttern, die man sehr leicht daran erkennt, dass sie Geschirr keine Stunde stehen lassen können und sofort vorspülen müssen.

Schließlich gibt es noch den Typus Dreckschwein. Dieser Typus tut zwar so als würde er spülen in dem er ab und an Geschirr ins Spülwasser taucht, aber auch nicht mehr. Töpfe werden seiner Ansicht nach nur von innen verwendet, ergo muss man sie auch nur von innen spülen. Bodensätze in Gläsern sind nur schwer zu erreichen und stellen somit ein unüberwindliches Hindernis dar. Milch, Rotwein und Saftrückstände machen die ansonsten tristen Gläser sowieso bunter und ansehnlicher. Besonders gut zu erkennen ist der Typus Dreckschwein daran, dass es enorme Mengen von Spülmittel verwendet und somit alles schön zuschäumen kann. Dieses Verhalten hat etwas mit einer gewissen Selbstlüge zu tun, denn unter dem ganzen Schaum, ist der Dreck einfach nicht zu sehen.

Besonders häufig tritt das Dreckschwein auch in Kombination mit den Nicht-abtrocknern auf. Gerade in Wohngemeinschaften, kommt es dadurch zu sehr interessanten Wettkämpfen. Der Abtropfkasten wird dann solange mit Geschirr beladen, bis der Kontrahent aufgibt und das Geschirr in den Schrank räumt oder der Turm zusammenbricht. In Wohngemeinschaften mit mehreren Typen Dreckschwein im Studienfach Architektur, gab es schon Bauten, welche man durchaus mit historischen Weltwundern gleichsetzen konnte.
Ein anderes Spiel setzt ein, sobald alles Geschirr in diesem Turm verbaut wurde und keiner nachgeben will. Somit wird das Spiel vom Turmbau zu Mikado. Wer kann sich am längsten einzelne saubere Geschirrteile aus dem Abtropfgestell ziehen, bevor der Turm zusammenbricht?

Gerade im Bezug auf die Stelle des Abtropfkorbs bzw. des Besteckkastens ist ein besonderes Augenmerk zu werfen. Je nach Spülgewohnheit, sieht man hier schon mit welchem Menschenschlag man es zu tun hat. Selbst wenn man einen recht sauberen Spüler vor sich hat, so heißt dies noch lange nicht, dass er sich auch um die Ablage gut kümmert. Da wird das Besteck akribisch geschrubbt und anschließend in den Abtropfkorb für Besteck gestellt. Dieser Korb zumeist aus Plastik, hat aber seit Jahren kein Putz- oder Spülmittel gesehen und beherbergt einen Bodensatz, für den jeder Biologe viel Geld zahlen würde. Selbiges Szenario ist oftmals unter den Spülkasten zu finden. Die letzte große biologisch konterminierte Stelle in der Küche sind die Spülschwämme. Teilweise werden sie für Wochen und Monate benutzt und sorgen in einer feuchtwarmen Umgebung für ein Keimwachstum der besonderen Art. Besonders effektiv hat sich dabei die Kombination mit Spülmitteln erwiesen, die antibakteriell wirken. Man kann in diesem Szenario förmlich zusehen, wie multiresistente Keime gezüchtet werden.

Natürlich gibt es auch die normalen Spüler, aber mal ehrlich, die sind doch irgendwie schon etwas langweilig. Ein wenig Charakter sollte das Spülen doch schon haben und wenn es gar nicht anders geht, dann kann man sich ja eine Spülmaschine zulegen. Sie sorgt für einen immer gleichbleibenden Spülkomfort, der sich so schnell nicht ändert.
Da wäre dann nur das Problem, wer denn die Spülmaschine ausräumen „darf„, aber das ist schon wieder eine ganz andere Geschichte…


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