Das Bild zeigt ein Buch und eine Kunstpflanze

Warum unsere Kinder Tyrannen werden – Michael Winterhoff

In dieser Buchbesprechung nehme ich das Buch „Warum unsere Kinder Tyrannen werden – oder: Die Abschaffung der Kindheit“ von Michael Winterhoff genauer unter die Lupe. Erschienen ist es bei Mosaik im Goldmann-Verlag und umfasst 216 Seiten.  Grob lässt es sich zwar in die Kategorie Sachbuch einordnen, zählt aber für mich eher in das Genre der Lebenshilfen. Ob die Frage, warum und weshalb unsere Kinder Tyrannen werden geklärt wird, soll hier ebenso besprochen werden, wie die genannten Lösungsansätze.

Inhalt Warum unsere Kinder Tyrannen werden

In 9 Kapiteln beschreibt Winterhoff die aktuelle Lage aus seiner Sicht und bringt diverse Fallbeispiele. Möglichst alle Bereiche sollen dabei abgedeckt werden: Lerndefizite, Verhaltensauffälligkeiten, Beziehungsstörungen, Fehlverhalten von Eltern, falsche Anforderungen der Schulen und Versagen von Lehrern werden dargestellt. Hinzu kommt die veränderte Gesellschaft, die Medienwelt und auch die elektronische Unterhaltungsindustrie. Der Autor wird dabei nicht müde zu betonen, dass er in seiner täglichen Praxis als Kinder- und Sozialpsychiater die Fälle immer und immer wieder erlebt und eine Zunahme sieht.

Der Autor Michael Winterhoff

Dr. Michael Winterhoff wurde 1955 geboren, und hat zwei Kinder aus seiner Ehe. Als studierter Humanmediziner (Universität Bonn) führt er in der ehemaligen Bundeshauptstadt seit 1988 eine eigene Praxis als Facharzt für Kinder und Jugendpsychiatrie.

Buchkritik

Mit dieser Art von Lebensführern habe ich leider gewisse Probleme. Einerseits werden konkrete Fälle beschrieben, die so ihre Berechtigung haben, andererseits fehlen mir die grundlegenden guten Sitten von solider Wissenschaft. Dabei wird im Buch eben nicht auf versierte Feldstudien verwiesen, sondern eine allgemeine Kompetenz durch die Tätigkeit des Autors behauptet. Winterhoff wird dabei nicht müde, immer und immer wieder auf seine eigene Arbeit und seinen eigenen Erfahrungsschatz zu verweisen. Ich möchte ihm diese keinesfalls absprechen, aber man hätte doch lieber als Leser eine fundierte Studie. Angebliche zusätzliche Fakten werden durch das Gespräch und die Erfahrungen diverser befreundeter Lehrkräfte erzeugt.

Der zweite größere Kritikpunkt ist der allgemeine Rundumschlag. Mir kam es bei der Lektüre so vor, als könnte man gar nichts richtig machen, weder als Elternteil, noch als Lehrkraft. Die schlechter ausgebildeten Kinder bringen weniger Wissen mit in die Schule und da alle einen Niveau-Limbo tanzen, werden die Ansprüche an sie auch noch heruntergeschraubt.  An dieser Stelle fehlt mir eindeutig eine genauere Auseinandersetzung mit dem Thema der Kompetenzverlagerung. Vielleicht ist es heute einfach wichtiger, dass die Kids 2-3 Fremdsprachen sprechen und in Bezug auf Computer & Internet fit sind. Das sich Sprache und Umgangsformen ständige verändern und entwickeln ist eine nicht abstreitbare Tatsache und auf einigen Seiten hatte ich das Gefühl, dass der Autor vergangene Zeiten herbeisehnt.  Vergleiche ich das Buch zum Beispiel mit „Wer bin ich, wenn ich online bin…„, zeigen sich die Unterschiede mehr als deutlich. Während Carr sich immer und immer wieder auf Forschungsergebnisse und Studien bezieht, wie die moderne Welt unser Denken verändert, bleibt Winterhoff in seiner kleinen Erfahrungswelt seiner Praxis in Bonn. Carr gibt zwar letztendlich zu, dass er nicht weiß, in welche Richtung die Entwicklung geht, aber er sieht die Welt nicht so schwarz wie Winterhoff.

Für mich als Onliner, der immer auf der Suche nach aktuellen gesellschaftlichen Phänomenen und Entwicklungen ist, bringt mir „Warum unsere Kinder Tyrannen werden“ leider nichts. Das Buch richtet sich aus meiner Sicht eher an die übervorsorglichen Eltern, welche ironischer Weise auch im Buch beschrieben werden. Ob diese vom Lesen dieses Werks einen Erkenntnisgewinn haben werden, möchte ich bezweifeln.  Richtig nützlich dürfte es nur für Menschen sein, die ihr Geld im sozialen Bereich verdienen und davon leben. Ein Buch um eigene Positionen zu unterstützen und zu stärken.

Für den Normalleser kann ich nur eine sehr bedingte Leseempfehlung aussprechen.


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