Hier sieht man das Buch die Glut

Die Glut

Die Buchbesprechung zu „Die Glut“ von Sandor Marai nimmt sich ein ganz klassisches Werk der Hochliteratur vor. Auf 218 Seiten wird die Geschichte eines Generals fast als Monolog erzählt: ein Schicksal zwischen Liebe, Freundschaft und Pflichterfüllung.

Der Autor Sandor Marai gilt als einer der wichtigsten ungarischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, erlangte aber mit der Neuveröffentlichung von die Glut 1998 wieder einen breiten Bekanntheitsgrad. Geboren wurde er am 11. April 1900 im slowakischen Kosice, verstorben am 21. Februar 1989 in San Diego, Kalifornien. Dank seiner deutschen Wurzeln schrieb er bis 1928 auf deutsch, anschließend sein Leben lang nur noch auf ungarisch.

Buchinhalt die Glut

Es ist 1941 und Genral Hendrik erhält die Nachricht vom Besuch seines alten Freundes Konrad, den er 41 Jahre und 43 Tage lang nicht gesehen hat. Er erwartet ihn in seinem Jagdschloss im Rande der Kaparten und bereitet sich auf den ersten Gast nach 20 Jahren vor. Während der Wartezeit auf Konrad lässt Hendrik sein Leben noch einmal revue passieren und versucht zu ergründen, wie alles auf diese eine Nacht hinauslaufen konnte. Er erhofft sich die so lange ersehnte Wahrheit, was an diesem Tag von 41 Jahren genau geschah.

Gemeinsam verbringt man die Nacht vorm Kamin und schwelgt in alten Erinnerungen, belauert sich im Zwiespalt zwischen Rache und Vergebung.

Buchkritik die Glut

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Das Buch die Glut

Sicher ist die Glut aus heutiger Sicht eine recht schwere Lektüre, gerade weil sie eine Zeit umspannt, die man heute nur noch aus den Geschichtsbüchern kennt. Der Wandel der Gesellschaft in Mitteleuropa umfasst innerhalb des Buchs den Weg von der Monarchie, zur Demokratie und bis zur 1941 aktuellen Diktatur, auf die immer wieder in Nebensätzen angespielt wird. Gerade General Hendrik, der schon vom Charakter her große Schwierigkeiten mit den sozialen Zwängen hat, scheint in der Zeit stehen geblieben und wirkt deshalb als Protagonist noch schwerer.

Der Lebemann Konrad wird nur aus der Sicht Hendriks beschrieben und selbst während des Besuchs bleibt er an sich seltsam blass. Im Grunde möchte Hendrik zwar Antworten haben, monologisiert aber größtenteils und Konrad hat kaum eine Chance zur Erklärung. Vielleicht hat er auch gar keine Erklärung und will nach 41 Jahren endlich einen Schlußstrich unter die Geschichte ziehen. Während der General zurückgezogen lebte, zog er um die Welt, war auf der Flucht und versteckte sich den englischen Kolonien Asiens. Selbst die englische Staatsbürgerschaft nahm er an.

Die weiteren beiden wichtigen Figuren des Romans sind 90-jährige Amme Nini und die längst verstorbene Ehefrau Hendriks Krisztina. Während Nini noch eine eingangs recht breite Hintergrundgeschichte erfährt, bleibt Krisztina fast völlig im Dunkeln. Dies mag zwar im Sinne des Romans sehr konsequent sein, aber als Leser nur schwer ertragbar. 41 Jahre des Nachdenkens haben Hendriks Gedanken auf diese eine Nacht verengt und so sieht er nicht die Schuld links und rechts des Weges. Er sieht nicht ein, dass andere davon gewusst haben mussten, er kann seine Frau nach ihrem Tod nicht mehr mit Missachtung bestrafen und vielleicht hat er Nini schon verziehen.

Wer zur Depression neigt, sollte Die Glut lieber nicht lesen. Zu düster, zu melancholisch. Viel zu schwer kommt der Roman daher und viel zu leicht verwechselt man ihn mit einem Werk der großen Russen.

Fazit Die Glut

Ich selbst bin mal wieder völlig ohne Vorahnung an das Buch geraten und bin geteilter Meinung. Sicherlich ist es sauber geschrieben, die Technik lässt keine Wünsche offen und als literarisches Werk sicherlich zurecht eins der großen Klassiker. Warum muss aber klassische Literatur einen immer gleich runterziehen und einem die Laune verhageln?

Wer pure Unterhaltung sucht wird ein anderes Buch lesen müssen. Wer allerdings gerne an einem stürmischen Herbstabend mit einem Glas Whiskey in der Hand vorm Kamin sitzt und schwer über das Leben seufzt, wird seine Stimmung mit die Glut noch unterstützen können. Ich persönlich finde, man sollte den Roman erst lesen, wenn man Dostojewski, Nabokov und Tolstoi gut vertragen hat.


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