Geldhaufen

Ende und Fazit Hartz 4 Selbstversuch

Der November ist vorbei und somit auch der Hartz IV Selbstversuch. Einen Monat lang bin ich mit 300.- € ausgekommen. In diesem letzten Artikel möchte ich nun ein Fazit ziehen. Fragestellungen waren unter anderem, ob man mit Hartz IV am soziokulturellem Leben teilhaben kann. Reicht Hartz IV überhaupt für ein vernünftiges Leben? Eigene Zielsetzung war die Überprüfung der finanziellen Ausgaben im Alltag.

Hartz IV Selbstversuch vorbei

Nun ja, der Monat ist vorbei und ich bin sozusagen wieder ein freier Mensch. Ich habe wieder jederzeit die Möglichkeit zur Bank zu gehen und mir die Taschen mit Geld zu füllen. Zumindest solange, bis meine Bankkarte nichts mehr ausspuckt. Ich bin froh, dass dieser Versuch geendet ist und andererseits sitze ich nun hier und weiß noch nicht so richtig, wie ich überhaupt meinen neuen Status feiern soll. Ich möchte zumindest nicht gleich in die Situation geraten, dass mir alles erlebte und gelernte sofort wieder abhanden kommt.

Bedanken möchte ich mich bei allen Gesprächspartnern, bei meiner Freundin, die ebenfalls den Monat mitzog und auch bei allen Kritikern. Es ist schön, wenn man ganz unterschiedliche Meinungen zu einem Thema erhält und in meist sachlichen Diskussionen darüber debattieren kann. Auffällig war, dass die meisten Gesprächspartner hier selbst aus der sozialen unteren Schicht oder Betroffene waren. Anbei gab es aber auch Gespräche mit Leuten vom Amt und Menschen, die beruflichen Umgang mit Betroffenen haben.

Und reicht Hartz IV?

Ich war den letzten Monat drei mal Essen, 3 mal im Kino und besuchte einen Vortrag. Jetzt im Moment habe ich sogar noch circa 25.- € in der Tasche. Eine nette Bukowski-Lesung stand ebenfalls auf dem Programm, sowie ausführlicher Besuch auf dem Weihnachtsmarkt. Einen weiteren kostenlosen Vortrag verpasste ich und ein kostenloser Konzertbesuch bei Unheilig, musste aus technischen Gründen leider ausfallen. Zudem war ich zweimal betrunken und ich rauchte den Monat durch. An Tabakwaren wurde aber trotzdem gespart und ich kann sagen, wenn es mich selbst betreffen würde, wäre das Rauchen sicherlich der erste Punkt, der aufgegeben werden müsste.

Zu essen gab es immer reichlich und knappe Situationen kamen kaum vor. Einmal wäre mir fast meine Waschmaschine verreckt und dann hätte das Experiment entweder mit Handwäsche oder einem engeren Sparkurs geendet. Allerdings hatte mir eine erste Recherche durchaus schon eine nette gebrauchte Waschmaschine für 80.- € in Aussicht gestellt.

3x Essen, 3x Kino, 2x betrunken, 1x Lesung, 1x Vortrag. Ich denke, dies ist nicht der schlechteste Schnitt und nicht jeder volle Arbeitnehmer, wird Angebote in gleichem Ausmaß in jedem Monat wahrnehmen. Deswegen lautet das Fazit, ja, es reicht wirklich!

Klar, es gab Momente, wo es einfach doof war, kein Geld in der Tasche zu haben, aber die gibt es bei mir auch, wenn ich meinen vollen Verdienst zur Verfügung habe.

Probleme ?

Die gab es auch, vor allem beim Thema Freizeit. Wenn ich daran denke, dass man die gesamte Arbeitszeit als zusätzliche Freizeit zur Verfügung hat, wird mir ganz bange. Ich könnte es auf Dauer sicherlich nicht und schon diesen Monat merkte ich, dass ich in Bezug auf Geld oder Arbeit plötzlich viel aktiver wurde. Doof war nur, dass ich dann nicht gleich mehr Asche in der Tasche hatte. Das Essen war übrigens nicht schlechter, ganz im Gegenteil, denn ich achtete viel mehr darauf, was ich kochte und einkaufte.

Tja, dann waren da das Einkaufen und das ständige Kochen. Es muss einfach sein und nicht immer hat man die Zeit dafür, wenn man voll arbeitet. Hier zeigte sich aber ein sehr, sehr großes Einsparpotenzial, denn ob man sich einen Döner kauft oder für das gleiche Geld für 3 Leute kocht, macht einen riesigen Unterschied. Auf Angebote achten, von hier nach da hetzen weckt zwar den Jäger in mir, ist aber bei einem großen Zeitmangel einfach nicht schön.

Hier muss jedoch bemerkt werden, dass es von Typ zu Typ abhängig ist, wie sich ein Leben mit Hartz IV gestaltet. Wer sonst auch eher unkreativ und unflexibel ist, der wird es mit Hartz IV sicherlich nicht leicht haben. Wer sich allerdings nicht scheute auch neue Dinge auszuprobieren, der sich selbst motivieren kann und der es versteht mit Geld umzugehen, der wird mit Hartz IV ein bescheidenes, aber trotzdem erfülltes Leben führen können.

Was mich sehr erschrocken hat, ist die Tatsache, dass sehr viele Menschen in diesem Land mit einem Hartz IV Satz oder sogar noch weniger leben müssen, obwohl sie voll arbeiten. Da gibt es viele Verkäufer, die nach allen Abzügen (Wohnung, Versicherung, etc) weniger zum Leben haben oder große Teile der Studentenschaft, die sich sogar noch ihre eigenen Lernmittel finanzieren.

Auch sehe ich das Problem ein, dass jemand der lange Zeit in Hartz IV lebt kaum noch Perspektiven für sich sieht. Trotzdem sollte jeder versuchen nach seinen Möglichkeiten glücklich zu werden. Sicherlich ist es kein Aufruf, man müsse sich nur Arbeit suchen, dann würde man schon welche finden. Diese Ansicht wäre utopisch, aber wenn man es sich bewahren kann, sich auch über kleine Dinge zu freuen, dann kann man damit auskommen.

Interessant fand ich die Diskussionsansätze, die aussagten Hartz IV würde für dieses und jenes nicht reichen. Wenn die Kinder einen Ausflug machen wollten, wenn man ordentlich mit den Freunden auf die Pauke hauen möchte oder wenn es einer größeren Anschaffung bedarf. Diese Punkte muss ich an dieser Stelle entschieden zurückweisen, denn hier herrschen wirklich verschobene Realitäten und Ansprüche. Es ist sicherlich nicht Aufgabe des Sozialstaats jemanden seinen Suff, seine Urlaubsreisen oder sonstige Luxusartikel zu finanzieren. Auch solche Sprüche, wie ich habe 30 Jahre in die Sozialversicherung eingezahlt, jetzt könnte man ja auch mal etwas davon nutzen, zählen mit Sicherheit nicht. Hartz IV ist eine Grundsicherung und die ist gegeben.

Fazit / Und nu?

Nun sitze ich hier und überlege, für was ich mein Geld denn sonst so aus dem Fenster geworfen habe. Sicherlich wird jetzt in Zukunft wieder mehr selbst und vor allem lecker gekocht werden. Der so schmerzlich vermisste,  außer Haus genommene Kaffee, wird wieder seinen angestammten Platz einnehmen, alleine damit ich nicht daheim arbeite, schlafe und lebe.

Wenn ich die Zeit finde, werde ich sicherlich auch die Wochenzeitungen studieren und mir den einen oder anderen praktischen Coupon ausschneiden. Auf das belegte Brötchen beim Bäcker wird auch in Zukunft verzichtet, denn ich habe gelernt, dass es einfach eine unnötige Ausgabe ist. Das so Gesparte wird auf die Seite gelegt und soll für eine größere Reise verwendet werden. Ich möchte und muss mir einfach ab und zu vor Augen halten können, über welche Ausmaße wir in diesem Bereich sprechen. Eine Sache, möchte ich allerdings noch in Angriff nehmen und Mitglied in der Stadtbibliothek werden. Zwar bin ich immer dafür Bücher zu kaufen und halte sie für den schönsten Wandschmuck, aber an einem guten Wochenende zwei Bücher durchzulesen geht mit der Zeit ins Geld. Da ich das Angebot sehr in meiner Kindheit und Jugend genossen habe, bin ich durch den Versuch auf einen kleinen, für mich vergessen Schatz gestoßen.

Hiermit verabschiede ich mich von Hartz IV und werde zurück zum kärglichen Bloggerdasein wechseln. Ich habe immer noch keinen Fernseher und immer noch kein Auto, was ich aber auch in keiner Weise vermisse. Die nächste Zeit werde ich sicherlich weiterhin versuchen mit 10 bis 15 Euro am Tag auszukommen, nur mit der Option, dass es freiwillig ist. Das Gefühl, das ich mehr bräuchte, stellt sich bisher nicht bei mir ein. Bei einem Tagesbudget von 15 Euro sind wir dann bei Ausgaben fürs alltägliche Leben von 450.- € pro Monat. Allen Unkenrufen zum Trotz versuche ich also nun auch weiterhin mit dem gleichen Geld auszukommen, welches jemand mit Hartz IV-Bezügen und einem freien 100.- € Job hat. Dieser 100.- € Zuverdienst ist übrigens gesetzlich geregelt und gestattet.

Dieser kleine Ausflug war sehr interessant und nun da es vorbei ist, weit weniger spannend für mich, als ich es zunächst erwartet hätte.


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