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Ein Ausflug ins Schwimmbad

In letzter Zeit gehe ich regelmäßig Schwimmen. Ein guter gesunder Sport, bei dem man sich stoisch, etwa wie beim Laufen, in eine Art Trance versetzen kann. Man vergisst seine Umwelt, konzentriert sich auf die Bewegung und die regelmäßige Atmung. Während man seine Bahnen zieht, kann man wunderbar den Alltagstrott hinter sich lassen und abschalten.

Dieser Zustand ändert sich nur, wenn man zwischen 2 Damen gerät, die zusammen bestimmt 150 Jahresringe in die Waagschale werfen und es gar nicht einsehen, warum man nicht auf eben jener Bahn schwimmen sollte, auf der man sich selbst befindet. Die Trace und die Ruhe verlassen den Körper augenblicklich, sobald man den ersten Ellenbogen in seinen Rippen spürt. Die regelmäßige Atmung wird durch einen kräftigen Schluck Chlorwassers ersetzt und vorbei ist es mit der schönen Unterwasserwelt…

Nun gut, aber zunächst einmal von vorn, denn ihr müsst sehen, ich betrat das Bad schon gezeichnet. Eigentlich sah ich aus, als hätte man mich ans Kreuz geschlagen, aber das ist eine ganz andere, nicht minder spannende Geschichte, die hier nichts zu suchen hat. Vielleicht gibt es ja den Einen oder Anderen, der mir trotz Unwissenheit die Daumen drücken möchte. 😉 Jedenfalls, man zieht ein paar Blicke auf sich, immer schwankend zwischen Mitleid und Häme.
Nun ja, raus aus der Dusche und rein ins Schwimmerbecken. Nicht direkt rein, mehr ein vorsichtiges Vorfühlen mit der großen Zehe, die dem Gehirn die Rückmeldung erstattet: „Meday, Meday, starke Erfrierungen sind zu erwarten!“ Hilft aber alles nichts, es könnte ja ein hübsches Mädel zuschauen und so stolziert man wie der Königshahn des Misthaufens ins Becken und zeigt den anderen Anwesenden mal was Eier sind. Dieselbigen schrumpfen nur zwei Sekunden später samt Anhang auf die Größe von Stecknadelköpfen zusammen und man wird kurz vom Gedanken durchzuckt, ob man nicht eine Zukunft als Wiener Chorknabe vor sich haben könnte.

Der nächste Kampf wird mit der Schwimmbrille ausgefochten. Diese folgt ganz einfachen Regeln:
1. Sie sitzt niemals korrekt und schneidet immer ein.
2. Spätestens nach der dritten Bahn hat man einen Wassereintritt, wie die Titanic nach ihrem Eisbergmeeting.
3. Nach weiteren 4 Bahnen ist sie so sehr beschlagen, dass man auch mit geschlossenen Augen schwimmen könnte.
Hat man dann endlich eine Bahn gefunden und legt los, wird einem auf diese Bahn nach nur wenigen Minuten ein Rudel anderer Schwimmer folgen, die auch unbedingt schwimmen möchten. Dabei ist es ganz egal, wie leer das Schwimmbecken auch sein mag. Es ist ein wenig so wie im Supermarkt, man stellt sich einfach immer an die falsche Kasse. Zu diesem Problem der Überfüllung gesellt sich meist eine Schwimmerin mittleren Alters, die meint, mit vollem Make Up, sowie einem ganzen Flacon Parfüm ins Becken, zu steigen. An der Luft mag sich der Duft verflüchtigen, aber im Wasser bildet er fast tödliche Wolken aus geschmacklichem Giftgas. Diese Wolken sind ebenso zu meiden, wie hellgeblich schimmerndes Wasser in der Nähe von kleinen Kindern!

Nun aber zurück zu unseren älteren Damen, die einen so freundlich in ihr Herz geschlossen haben. Man bricht erstmal ab, schnappt nach Luft und guckt sich verdutzt um, von welcher Dampfwalze man soeben überfahren wurde. Ein zärtliches Geschnatter über das doch außergewöhnliche Verhalten der heutigen jungen Leute weht zu einem herüber und man beschließt, die Flucht anzutreten. Spätestens auf der nächsten Bahn schwimmen einem die Damen aber wieder wie eine Mauer entegegen, ohne sich auch nur einen Zentimeter zur Seite zu bewegen. Schließlich kann man sich nicht sehr gut unterhalten, wenn man hintereinander schwimmt.

Der Zusammenstoß hat aber nicht nur die Folge eines weiteren Mals auf dem Körper, sondern auch eines Wassereintritts ins Mittelohr. Während des Schwimmens nimmt man es zwar zur Kenntnis, aber es fängt erst an zu nerven, wenn man das Becken verlässt. Man fühlt sich zu diesem Zeitpunkt eh schwer wie Blei und schüttelt dann den Kopf hin und her, als hätte man größere psychische Probleme. Nicht das es helfen würde, aber man macht es trotzdem, um nicht ganz untätig zu sein. Völlig entkräftet und genervt setzt man sich in den Whirlpool und genießt das warme Wasser. Man lehnt sich entspannt zurück, lauscht den Blubberblässchen und ist im Grunde doch zufrieden mit seiner Leistung. Die spielenden Kinder im Pool beachtet man anfangs gar nicht, ihr Geschrei ist bis zu einem gewissen Maß ertragbar, aber die Aufmerksamkeit nimmt schlagartig zu, sobald man einen Tritt in den Genitalbereich bekommt…

Ja, Schwimmen ist ein Volkssport oder wenn man es so sehen will,
ein sehr ausgeklügeltes Überlebenstraining.

Euer

AMUNO


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